4 Tage Kurztrip Berlin – Erfahrungsbericht, Tipps, Do´s and Don´ts

Es war wirklich eine tolle Überraschung, als ich zum Geburtstag einen 4-Tages Trip OHNE KINDER nach Berlin von meiner Frau geschenkt bekam. Ein Termin war schnell gefunden (in den Herbstferien, dann könnte der Nachwuchs bei Oma und Opa unterkommen).

Gebucht waren 4 Nächte in einem Hotelzimmer -Turm. In einem Was? Ja, in einem kleinen Turm, der unser Hotelzimmer sein sollte. Gut, dachte ich mir, mal was Anderes.

Hotel Turm

Da der Urlaub ja bereits mit der Fahrt dorthin beginnt, wollten wir gern entspannt mit dem Zug anreisen. Leider waren die so oft beworbenen günstigen Plätze alle nur nachts verfügbar und die Züge am Tag so unverschämt teuer, dass wir uns dann doch entschlossen hatten, mit dem Auto zu fahren. Immerhin bot unser Hotel einen kostenlosen Stellplatz für das Auto an und ich hatte nicht vor, innerhalb Berlins per PKW herumzureisen.

Tag 1 – Anreise und Alexanderplatz

Mittwoch morgens ging es dann also los. Die Autobahn A2 war größtenteils frei, so dass wir 5 Stunden später dann auch relativ entspannt am Hotel / Hostel “Holi-Berlin” eintrafen. 15Uhr checkten wir in unseren “Turm” ein. Der “Turm” entpuppte sich als Türmchen. Mit einem Durchmesser von ca. 3 Metern beinhaltete der Turm unten ein kleines Bad mit Toilette und Dusche und einem Waschbecken. Die mittlere und obere Etage waren mit je einem Bett in halbrund belegt. Jedes Bett kann zu zweit “beschlafen” werden, wenn man es sehr kuschelig mag. Möchte man sich nachts jedoch auch mal drehen, schläft man lieber einzeln. Bettwäsche und Handtücher gab es bereits inclusive. Das Ganze hatte ein bisschen was von… waren Sie schon einmal segeln? Auf einem kleinen Segelboot hat es ähnliche Platzverhältnisse, wie in diesem Turm. Ich sag mal so: Wer Luxus erwartet ist hier falsch. Wer aber nur eine Übernachtungsmöglichkeit sucht, sollte diese Möglichkeit mal checken.

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Schon im Hotel kauften wir uns an der Rezeption die “Berlin Welcome Card” – eine All In One Karte für alle U- / S- Bahnen und Busse im Berliner Stadtgebiet. Für die 32€ irgendwas konnten wir 4 Tage lang in alles bedenkenlos einsteigen, was auf Schienen fuhr, oder eben ein Bus war. Klasse. Dazu bekommt man noch jede Menge Vergünstigungen auf sehr viele Attraktionen, von denen man als Tourist so oder so einiges in Anspruch nehmen wird.

–> Reiseführer Berlin – von Marco Polo <–

Knapp 10 Minuten zu Fuß dauerte unser Weg zur nächsten großen S-Bahn Station “Lichtenberg”. Von dort aus kommt man innerhalb weniger Minuten zu allen Hotspots der Stadt, zum Beispiel zum Alexanderplatz, an den uns auch unser erster Weg führte. Wir hatten für den Anreisetag keinerlei festes Programm mehr geplant und wollten einfach nur mal so rumschauen. Der erste Blick galt natürlich dem großen Fernsehturm, der an diesem Abend leider etwas in den Wolken versteckt hing, aber für ein paar erste Fotos war das schon ok. Wir liefen ein wenig ziellos herum, schauten hier und da – die Geschäfte waren ja noch offen, setzten uns in eine Bar und gönnten uns eine Pizza in einem italienischen Bistro direkt am Alexanderplatz. Da wir ziemlich KO waren, entschlossen wir uns, im Anschluss daran noch ins Kino zu gehen, welches direkt um die Ecke lag. Nach dem Kino ging es dann mit der Bahn zurück ins Hotel.

Alexanderplatz

Tag 2: Stadtrundfahrt, Hop on, Hop off

Nach einem guten Frühstück im Hostel machten wir uns frisch ausgeruht auf den Weg zur S-Bahn. Zunächst aber noch ein paar Worte zum Frühstück im Holi-Berlin:

Alles in Allem ist das Frühstück wirklich gut. Es gibt mehrere Sorten kleine Brötchen, Wurst, Käse, Marmelade, Müsli, Obstsalat, Bacon, Rührei und kleine Pfannkuchen. Der Knackpunkt – es war offensichtlich zu wenig Personal da, um alle anstehenden Aufgaben zu erledigen. Anscheinend musste sich das Mädel, was dort arbeitete, sowohl um die Rezeption, als auch im die Frühstücksgäste (Kaffee bringen, Teller abräumen, neu eindecken) und auch um das Frühstücksbuffet kümmern. Da blieb es natürlich nicht aus, dass es etwas länger dauerte, bis man Kaffee bekam, oder der Bacon war halt leer, oder ähnelte eher einem trockenen Beef Jerky. Da war auch schon mal das Besteck alle und man aß das Müsli eben mit der Gabel – wir gehören nicht zu den Motztouris, die sich wegen so etwas beschweren oder aufregen. Das Mädel hat sich zumindest redlich bemüht und war sehr nett. Am nächsten Tag (andere Belegschaft) war der Bacon wirklich super, aber das Rührei war… knusprig – wenn ihr versteht was ich meine. Immerhin nehmen sie dort anscheinend echte Eier und keine Tetrapack Vollei Ware… Versteht mich hier nicht falsch: Wir sind immer satt geworden, hatten einen Kaffee und es war jemand da, wenn man Fragen hatte. Nun weiter im Text…

Für den zweiten Tag hatten wir eine Stadtrundfahrt geplant. Es gibt mehrere Anbieter mit unterschiedlichen Routen und man sollte sich vorher erkundigen, welche man gerne buchen möchte. Wir entschieden uns für die “Gelbe Route”. Die Tickets kauften wir im Park Inn Hotel am Alexanderplatz, wo auch gleich die erste Haltestelle lag. Es gab 25% Rabatt auf die Tagestour, weil wir ja die Welcome Berlin Tickets hatten. Das Prinzip dieser Tour ist in fast jeder großen Stadt identisch: Die Busse fahren eine feste Route und halten an den wichtigsten Punkten an. Dort kann man dann bei Interesse aussteigen und bei Bedarf in einen der nächsten Busse wieder einsteigen. Die Busse fahren im 10-15 Minuten Takt, bis etwa 18:00Uhr. Im Bus gibt es über Kopfhöhrer Erklärungen zu den Sehenswürdigkeiten. Etwas schade, dass man die Erklärungen nicht zu Ende hören kann, wenn man an einem bestimmten Ort aussteigen möchte. Als Tipp: Zunächst eine komplette Runde (etwa 2 Stunden) mit dem Bus fahren und sich dann die relevanten Punkte raussuchen, wo man danach jeweils aussteigen möchte. So kennt man die Station und kann auch mal zu Fuß von einem zum anderen Haltepunkt laufen, ohne die Haltestelle suchen zu müssen.

Wir wanderten also einmal durch das Museumsviertel, durch das Brandenburger Tor (kleiner als gedacht!), kamen am Hotel Adlon vorbei, und verbrachten gefühlte Stunden im riesigen Hauptbahnhof, den man auch mal gesehen haben sollte. Der Bahnhof beinhaltet eine kleine Stadt und man findet dort jede Menge Geschäfte und Fressbuden aller Art. Hier stärkten wir uns und erledigten die “Bringt ihr mir das und das mit” Aufträge.

Brandenburger Tor

Weiter ging es am Schloss Bellevue vorbei zur Siegessäule. Für 3€ kann man in der Siegessäule ganz nach oben LAUFEN. An alle, die nicht zumindest ein wenig fit sind, Probleme mit den Beinen, den Knien, mit Höhe oder Klaustrophobie haben: Vergesst es! Die ca. 1 Trilliarde Stufen werden nach oben immer enger und wenn man pausiert, hält man den ganzen Verkehr hinter einem, oder den Gegenverkehr von oben auf. Oben knubbeln sich die Leute, aber die Aussicht ist wirklich schön. Hier ist man der deutschen Geschichte sehr nah. Überall kann man noch die Einschusslöcher im Metall sehen, die der 2. Weltkrieg hier hinterlassen hat – hier und da ein schon ziemlich bedrückendes Gefühl. Unten in der Siegessäule ist ein kleines Museum mit Infos zur Säule und vielen anderen Gebäuden.

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Nach dem anstrengenden Aufstieg wollten unsere Beine gern ein wenig ausruhen. Es ging also wieder in den gelben Bus. Diesmal blieben wir sitzen, bis wir zum Kurfürstendamm kamen. Dieser Programmpunkt stand zwar erst für den Freitag auf unserem Programm, aber wir wollten doch zumindest mal einen Blick riskieren. Mit dem festen Vorsatz ein T-Shirt dort zu erwerben, gingen wir ins Hard Rock Cafe Berlin. Nach kurzem Preis -Check drehten wir dann jedoch um und verließen das Geschäft – ohne T-Shirt. Ich bin meinem Geld ja nicht böse…

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Langsam wurde es schon dunkel. Das Schloß Charlottenburg sahen wir leider nur noch von außen – dafür reichte unsere Zeit leider nicht aus. Die letzte Station des Tages hieß “Checkpoint Charlie” – wieder so ein geschichtsträchtiger Ort mit seinen Mauer Überresten und Gedenkausstellungen. Die Dunkelheit trug außerdem noch ihren Teil zur Stimmung bei.

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Den Abschluss des Tages verbrachten wir in einer Cocktailparty mit “Happy Hour” mit Cocktails für 5,50€, die auch jeden Euro wert waren.

Tag 3: KaDeWe, Burger und Knooooblauch!

Für diesen tag hatten wir uns das KaDeWe vorgenommen – ein Kaufhaus mit 6 Etagen, wo wirklich Jeder etwas nach seinem Geschmack finden wird. In der unteren Etage präsentieren sich die Edelboutiquen und Schmuckläden jenseits der Budgets normalsterblicher Menschen. Am Eingang der Rolex und Cartier Läden warten adrett gekleidete Kleiderschränke mit einem Blick wie “Du kommst hier nicht rein ohne eine Platin Kreditkarte”. Ein Blick in die Schaufenster ist jedoch erlaubt, doch die Preisschilder sagen: Geh schnell weiter!

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Als Tipp für das KaDeWe: in der 5. Etage, hinten rechts, gibt es eine “Wir packen deine Einkäufe in Geschenkpapier” -Station. Dort kann man kostenlos nicht nur alles einpacken lassen, sondern auch Jacken und Taschen abgeben, um im Anschluss unbeschwerter zu bummeln.

Ein wenig Schlendern durch Bücher, Töpfe, Kunst und Klamotten später führte uns ein – zunächst leichtes – Magengrummeln in die 6. Etage – dem Feinkostparadies. Ist aber nicht die beste Idee, hier mit Hunger hinzukommen. Hier gibt es alles, was das Feinschmeckerherz begehren kann. Angefangen von Wurst und Käse, über Fisch, Kaviar, Süßigkeiten, bis hin zu einer gut sortierten Wein-, Sekt- und Spirituosenabteilung, kann man sich hier alles ansehen, was sich mit Geld kaufen lässt. Der immer größer werdende Appetit wuchs sich bei diesen Anreizen schnell zu einem immensen Hungergefühl aus. Die Preistafeln der Edel -Sushi und Kaviar-Muschel Stände trieben uns immer weiter im Kreis, bis wird dann an dem Burgerstand angelangten, der Burger ab 10€ (bis 30€) anpries. Die Burger erwiesen sich dann auch wirklich als jeden Euro wert. Das Fleisch war extrem gut und auch auf den Punkt wie gewünscht gebraten (medium). Für derartige Qualität zahlt man in einem guten Burgerladen mindestens genauso viel – ein echter Tipp also!

Nach dem ganzen Chi Chi und Bling Bling (irgendwann reicht es auch mal) verließen wir das KaDeWe. Der nächste Programmpunkt – das Sony Center. Das Gebäude ist eine echte Augenweide und man könnte dort ebenfalls gut essen, oder einen Kaffee trinken – wenn wir nicht noch so satt von dem Burger gewesen wären.

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Schon im Vorfeld unserer Reise folgten wir einem Tipp und reservierten einen Tisch im “Knofel”, dem Berliner Knoblauchrestaurant. Wir kamen etwas zu früh an, aber unser Tisch war schon frei. Ein Blick in die Karte sagt einem mit dem ersten Blick: Du wirst morgen die Knoblauchfahne deines Lebens haben. Getreu dem Motto des Buches, welches ich mir im KaDeWe gekauft hatte (“Am Arsch vorbei – führt auch ein Weg“), bestellten wir uns zur Vorspeise eine Schüssel in Bierteig gebackene Knoblauchzehen – also mal eben locker 2 oder 3 ganze KnoblauchKNOLLEN zur Vorspeise. Damit war das Thema auch schon durch. Zur Hauptspeise gab es für meine Frau die Hirschkeule und ich bekam eine halbe Ente, gefüllt mit Trockenfrüchten und – Knoblauch (was auch sonst). Die Ente war so genial lecker, ich ärgerte mich jetzt, dass der Burger aus dem KaDeWe noch nicht ganz verdaut war. Ich hatte schon länger eine gewisse Vorstellung von einer richtig guten Ente im Kopf, nachdem ich das Buch “Das Geständnis des Mönchs” gelesen hatte und musste beim Essen sofort wieder an dieses Buch denken – ein sehr gutes Buch übrigens…

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Auf dem Rückweg zum Hotel -Türmchen kehrten wir noch in ein Brauhaus am Alex ein, wo es mehrere Sorten Craftbier zu probieren gab. Von Pils, über Berliner Weiße, Weizen-, Lagerbir, bis hin zum Pale Ale (Ich HASSE Pale Ale!!!) wird hier alles selbst gebraut. Man kann sogar ein ProBier Set mit allen Sorten zu je 0,1cl bestellen (9€) und dabei seinen Favoriten herausfinden. Leider war das Weizenbier aus und so durfte man mir das Probierset nicht verkaufen – auch nicht mit einer Sorte weniger, das dürfe man nicht. Also gab ich dem Pale Ale eine aller letzte Chance und entschied danach, nie wieder ein Pale Ale in meinem Leben zu trinken!

Diesen Abend hatte ich einen solchen Stein im Magen (Burger, Ente, Knoblauchberge und Pale Ale), dass ich mir schwor am nächsten Tag nur an Salatherzen zu knabbern.

Tag 4: Prunk, Protz und Theater (Kurfürstendamm)

Wie geplant, fuhren wir am 4. Tag nach dem (leichten) Frühstück direkt zum Kuhdamm / Kurfürstendamm, um mal zu sehen, wie die Reichen und Superreichen ihr Geld so loswerden. Kaum steigt man aus der Bahn, erwarten einen dort Gucci, Prada, Versace und was sonst noch Rang und Namen hat. Wer mal eben ein Sakko für 1200€, ein Paar Schuhe für 850€ oder den neuen Tesla kaufen möchte, findet hier alles an einem Fleck. Glücklicherweise spricht mich das Design der meisten teuren Designerstücke nicht im Entferntesten an – man könnte es mir schenken, ich würde es nicht anziehen – bis auf den Tesla vielleicht, der war schon chic.

So kommt man u.A. am Laden von Udo Walz vorbei, in dessen Schaufenster man (würde man sich auskennen) mit Sicherheit die in oder andere Persönlichkeit oder B/C oder F -Promi erkannt hätte. Auf unserer “Nice to see” -Liste stand noch die Kneipe “Das Klo”, zu der wir also auch noch pilgerten. Diese hatte leider noch geschlossen, aber dafür lief uns dort eine Politikerin aus dem aktuellen Kabinett über den Weg. Promi sehen: check!

Auf der einen Straßenseite hinauf und auf der anderen wieder runter – das war unser Plan. Zwischendurch kamen wir am Theater “Komödie am Kurfürstendamm” vorbei, wo wir spontan für 20:00Uhr Karten kauften. Auch hier gab es überraschenderweise einen netten Rabatt aufgrund unserer Welcome Tickets.

Da ein wichtiger Punkt meiner To Do Liste noch offen war, musste nun so schnell wie möglich eine Berliner Currywurst her. Bei “Curry 27” wurden wir tatsächlich fündig, selbst am Kurfürstendamm. Wer nun wissen möchte, wie die Currywurst war: Sie war OK, aber für die Currywurst aussm Ruhrpott und hier “umme Ecke” würd ich die Berliner Wurst definitiv stehen lassen!

berliner Currywurst

Nun hatten wir noch ein wenig Zeit bis zu unserem Theater am Abend zu vertrödeln und schauten uns noch hier und da ein wenig um. Die Mall of Berlin erschien uns dafür der richtige Ort zu sein. Dort gibt es nicht nur ALLES zu kaufen, sondern auch zu essen und jede Menge Sitzgelegenheiten – die waren mittlerweile für uns schon echt Gold wert – mit über 20.000 Schritten pro Tag Laufleistung pro Person. In der Mall aßen wir eine leichte, vietnamesische Suppe “Pho”. Diese erschien uns wesentlich leichter zu sein, als das Fressprogramm von gestern.

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20:00Uhr – Theatervorstellung. Das Theater war anscheinend sehr alt, was man an der Ausstattung auch gut sehen konnte. Wir saßen – wie man das so von den Muppets kennt – in so einer Loge. Die Sitze waren jedoch so eng und der Fußraum quasi nicht vorhanden, dass es am Ende schon recht ungemütlich wurde. So sehnte man, obwohl das Stück selbst recht amüsant war, nach der Pause schon das Ende herbei. Angeblich zieht das Theater aber bald in neuere Räumlichkeiten um – gut für das Publikum!

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Tag 5 – Abreise und Resumee

Bis 10Uhr war das Zimmer, also der Turm, zu räumen. Frühstück gab es bis 11, also erst packen, dann frühstücken – perfekt. Danach ab ins Auto und auf den Heimweg. Viel Zeit um über das Erlebte noch einmal nachzudenken.

Eindrücke aus Berlin:

Wir kommen ja nun nicht wirklich vom Dorf. Na gut, aus der Großstadt auch nicht. Unsere Stadt hat knapp 51.000 Einwohner, aber ich dachte immer, ich hätte eine ganz gute Vorstellung davon, was “Normal” ist und was nicht. Eines ist mir jetzt jedoch klar geworden – einen Scheiß weiß ich (man verzeihe mir die Ausdrucksweise)!

Öffentliche Verkehrsmittel:

Eines vorweg: Das Verkehrsnetz von Berlin ist, vergleichbar dem in anderen Großstädten, wie Paris, London oder New York, wirklich sehr gut! Ohne Weiteres kommt man ohne umsteigen (oder wenig umsteigen) von jedem beliebigen Platz in Berlin zu jedem anderen Ort. Die Wartezeiten auf die nächste Bahn liegen immer unter 10 Minuten – auch nachts. Unsere weiteste Strecke zu einer Bahn waren 10 Minuten.

Die S- und U-Bahnen sind ein Schmelztiegel von Allem, was unsere Gesellschaft so an Kreaturen hervorbringt. Versteht mich hier bitte nicht falsch, ich bin sehr tolerant und ich möchte meine Eindrücke auch so wertfrei schildern, wie es eben geht. Da ist diese Frau – sie telefoniert ganz offensichtlich mit jemandem, doch man sieht gar kein Handy. Na gut, hat sie vielleicht ein Headset irgendwo. Später siehst Du – da ist auch kein Headset und du schluckst…
Hin und wieder begegnest du betrunkenen Menschen, einige pöbeln oder schreien herum. Am besten ist es wohl das zu ignorieren, wegzusehen und weiterzugehen.
Dass es Menschen gibt, die sich in ihrem Körper unwohl fühlen, hat sich sogar schon bis in unsere Kleinstadt herumgesprochen. Dank RTL und Co. fühlt man sich stets gut informiert und meint, man kenne sich aus mit Männern, die gern eine Frau sein möchten und umgekehrt – alles nichts Neues. Das Thema ist mittlerweile in unserer Gesellschaft angekommen und man hat es als “normal” abgespeichert. Da tritt eine hübsche Blondine im Fernsehen auf und du denkst dir – das war mal ein Mann? Respekt! In Berlin bekommst Du dann aber das wahre Leben abseits des Fernsehens und mit allen Stilblüten – abseits deiner angelernten Normen – mit. Da setzt sich eine Frau in der Bahn dir gegenüber hin – Strumpfhose, strenger Rock, Oma -Schuhe, Handtasche und du blickst nach oben und schaust in ein Gesicht wie von Kater Karlo aus Mickey Mouse, also richtig mit  3-Tage Bart. Eine Ausnahme? Mit nichten. Mir ist dort in den 4 Tagen keine Olivia Jones über den Weg gelaufen, keine hübsche Blondine, wo du dich fragst – war das mal ein Mann? Dafür aber mehrere Kater Karlos, oder Spikes (der strenge Hund von Tom & Jerry) in Rock und Stöckelschuhen. Immer wenn du dich in Gesellschaft vermeintlich “ganz normaler Leute” wähnst, entdeckst du irgend ein sonderbares Detail, was dir zeigt, aus was für einem Dorf du doch kommst – und seien es nur goldenen Socken. Da verwischen in 4 Tagen deine in Jahrzehnten erworbenen Anschauungen von “Normal” und der Horizont weitet sich…

Dann sind da noch die Musiker, die an bestimmten U-Bahn Haltestellen einsteigen, ein Lied spielen, abkassieren und dann in die nächste Bahn einsteigen. Mal klimpert da jemand ein abgedroschenes spanisches Lied auf einer schlechten und verstimmten Gitarre, doch schon auf dem Rückweg kommt ein Geiger, der dir mit seinem Lied die Tränen in die Augen treibt, so schön spielt er. Da denkst du dir: Schade dass du jetzt kein Kleingeld in der Tasche hast.

Berliner Schnauze:

Ich kenne den Ausdruck “Berliner Schnauze” und ich hatte mir bis dato immer eine bestimmt direkte Art darunter vorgestellt – so ähnlich wie bei uns im Ruhrpott – direkt und kein Blatt vor dem Mund. Da rennst Du zur Vordertür eines stehenden Busses, weil du nach dem richtigen Bus fragen möchtest: “Fährt dieser Bus zufällig nach Lichtenfelde?” kommt die Antwort vom Fahrer: “Steht det etwa dran?” knallt mir die Tür vor der Nase zu und fährt mich noch fast über den Haufen. Ein anderer Fahrer weigert sich loszufahren, weil ihm der Bus vorne zu voll ist und alle “Hinter die Schrenke musse” (hinter die Schranke). Dies verstehen aber die englischen Touristen nicht, weil sie – wie auch der Busfahrer – der Deutschen Sprache nicht so wirklich mächtig sind. Eine ältere Dame hält sich mit einer Hand an der besagten Schranke fest und bekommt zu hören, sie solle gefälligst die Finger davon lassen, was das denn soll, immerhin sei es nicht ihr Eigentum.
Ein anderer Fahrer unterhielt sich die gesamte Fahrt über mit sich selbst, summte und sang – mit offenem Mikrofon. Nebenbei trank er ein bräunliches Getränk aus einer Eistee Flasche, ich könnte jedoch wetten, das da schon lange kein Eistee mehr in der Flasche war… Immerhin hatte er sehr gute Laune.

Sobald es in Berlin dunkel wird, sieht man überall obdachlose Menschen – hauptsächlich Männer – sitzen oder liegen. Vor Kaufhäusern, in Wohnungseingängen, unter Brücken und in den S-Bahnhöfen. Ich hatte immer gedacht, es gäbe bestimmte Orte, oder etwas verstecktere Plätze, an denen so etwas zu finden ist, aber anscheinend habe ich mich da geirrt. Automatisch macht man einen Bogen drum herum, doch ab und zu kommst du ungewollt schon recht nah heran und dann haut dich der Geruch aus den Socken. Eine Mischung aus allem, was der Menschliche Körper so abgibt – und Alkohol.

Nach 4 Tagen kann man mit Sicherheit nicht behaupten, man hätte Berlin gesehen. Man hat vielleicht mal kurz hineingeblickt, hat sich Gebäude von innen und außen angesehen, aber ich denke man muss schon in Berlin leben, oder sehr viel mehr Zeit dort verbringen, um das echte Berlin kennen zu lernen. Unsere 4 Tage waren ein schönes, unvergessliches Erlebnis. Beim nächsten Mal schauen wir uns mal eine andere Seite von Berlin an. Wir kommen mit Sicherheit wieder!